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Unser Adventskalender 2025

Unser Adventskalender 2025 wurde erstellt von rici14712

Posted 2 Wochen 5 Tage her #14157
Liebe Mittelalterverrückte,

wie versprochen reisen wir dieses Jahr in der Vorweihnachtszeit – oder wie man im Mittelalter sagte: in der Adventus-Zeit – einmal um die Welt. Jede Woche führt uns ein neues Adventswochenende in ein anderes Land und zu seinen historischen, kulinarischen und sagenhaften Bräuchen. 

Unsere erste Station bringt uns in das Land von Pizza, Pasta und Panettone – das wunderschöne Bella Italia! Hier erwarten uns uralte Weihnachtsgewohnheiten,  Süßspeisen, lebendige Krippentraditionen (hatten wir letztes Jahr in einem Türchen)und natürlich die berühmte Weihnachtshexe La Befana, die bis heute durch die italienischen Städte und Geschichten fliegt.

 Nehmt euren warmen Becher Met oder Tee zur Hand – wir starten gemeinsam ins 1. Adventswochenende unserer kleinen  Weihnachtsreise!

luthiandis 

 



Samstag :

1. Advent - Reise nach Italien

Die Geschichte des Weihnachtsfestes in Italien

Das Weihnachtsfest – Natale – ist in Italien seit der frühen Christenzeit einer der bedeutendsten religiösen und familiären Feiertage. Bereits in der spätantiken römisch-christlichen Zeit (4. Jh.) wurde das Fest der Geburt Christi am 25. Dezember gefeiert.
Italienische Städte führten bereits im 12.–13. Jh. festliche Weihnachtsmessen und Krippenspiele ein. Besonders Franz von Assisi prägte 1223 die Tradition der lebendigen Krippe (Presepe vivente), die sich schnell in ganz Italien verbreitete. Einige der berühmtesten und ältesten Krippen der Welt finden sich in Italien.  In der frühen Neuzeit - besonders in der Zeit des Humanismus - wurde der Brauch des Weihnachtsessens wichtiger, besonders in Norditalien. Regionale Spezialitäten wie süße Brote (Panettone) entstanden.
Der bei uns so beliebte Weihnachtsbaum verbreitete sich relativ spät (ab Mitte des 19. Jh.), während die Krippe in vielen Regionen weiterhin zentral als Schmuckelement blieb.
In Italien ist auch der 6. Januar (Epifania) ein ganz bedeutender Teil des Weihnachtsfestes – und hier kommt La Befana ins Spiel.


La Befana - wer ist das überhaupt?
La Befana ist eine alte Frau, oft als Hexe dargestellt, mit einem Besen, zerlumpten Kleidern und Ruß im Gesicht, weil sie durch den Schornstein kommt. In der Nacht vom 5. auf den 6. Januar bringt sie braven Kindern Geschenke und Süßigkeiten, unartigen Kindern Kohle (heutzutage meist aus Zucker).

Und warum bringt sie nun am 6 Januar die Geschenke?Als die drei Weisen aus dem Morgenland auf dem Weg waren, um das Jesuskind zu finden, baten sie eine alte Frau um Unterkunft. Sie luden sie ein, mit ihnen zu kommen, aber das alte Weib lehnte ab – sie sei zu beschäftigt mit dem Putzen. Später - als die drei Weisen weitergezogen waren -  bereute sie ihre Entscheidung, packte einen Korb mit Geschenken und machte sich auf den Weg. Doch sie fand das Jesuskind nicht. Seitdem fliegt sie in der Nacht vom 5. Januar zum 6. Januar durch die Luft, auf der Suche nach ihm und verteilt Geschenke an Kinder – in der Hoffnung, dass eines von ihnen das Jesuskindlein ist.

Doch ist La Befana viel älter. In alten römischen und bäuerlichen Ritualen gab es eine weibliche Gestalt, die den Übergang vom alten zum neuen Jahr symbolisierte. Ihr Besen steht für das „Hinauskehren“ des alten Jahres, ihre Süßigkeiten für Fruchtbarkeit und Neubeginn. Auch gibt es die Theorie, das es mögliche Verbindungen zu der römischen Göttin Strenia (auch Strenua - eine Göttin der Sabiner) gibt oder zu volkstümlichen Wintergestalten.


 



 

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rici14712 antwortete auf Unser Adventskalender 2025

Posted 2 Wochen 4 Tage her #14158

luthiandis1. Advent - Sonntag


🎄 Der italienische Weihnachtskuchen - Geschichte des Panettone
 
Der Panettone stammt aus Mailand und es gibt mehrere Legenden über seine Entstehung:

🥖 Die bekannteste Legende (15. Jahrhundert):

Am Hofe von Ludovico il Moro (Herzog von Mailand) bereitete ein Koch ein Festmahl vor.. Das Dessert verbrannte. Ein Küchenjunge namens Toni improvisierte: Er mischte Mehl, Butter, Zucker, Eier, Rosinen und kandierte Früchte. Das Ergebnis war ein weicher, süßer Kuchen, der bei den Gästen großen Anklang fand. Man nannte ihn „Pan di Toni“ – daraus wurde Panettone.

📚 Historisch belegte Herkunft:

Bereits im 13.–14. Jahrhundert gab es im lombardischen Raum süßes Brot mit Honig und Früchten.
Der Panettone, wie wir ihn heute kennen, wurde im 19. Jahrhundert populär.

 🏰 Mittelalterliches "Pan de Natal" – Urform des Panettone
🍞 Was war typisch?
  • Grob gemahlenes Mehl (Weizen war teuer, Dinkel oder Emmer verbreitet)
  • Honig statt Zucker (Zucker war ein Luxusgut)
  • Rosinen, Feigen, Datteln oder andere Trockenfrüchte
  • Tierisches Fett (Schmalz oder Butter)
  • Gewürze wie Zimt, Muskat, Nelken (nur bei wohlhabenden Haushalten)
  • Meist flacher oder kompakter als der heutige Panettone
📜 Rezept – inspiriert von historischen Quellen

Zutaten (für 1 Laib):
  • 500 g Dinkel- oder Weizenmehl (Vollkorn möglich)
  • 200 ml Wasser oder warmer Apfelsaft
  • 1 Päckchen Trockenhefe oder Sauerteig (historisch: Natursauer)
  • 100 g Rosinen
  • 50 g getrocknete Feigen (gehackt)
  • 50 g Honig
  • 1 TL Zimt
  • ½ TL gemahlene Nelken
  • 100 g Butter oder Schweineschmalz (historisch oft verwendet)
  • 1 Prise Salz
Zubereitung:
  1. Rosinen und Feigen in warmem Wasser oder Apfelsaft einweichen (ca. 30 Minuten).
  2. Hefe in lauwarmem Wasser mit etwas Honig auflösen.
  3. Mehl, Gewürze, Salz, Fett, Honig, eingeweichte Früchte und Hefemischung zu einem weichen Teig verkneten.
  4. Mindestens 1 Stunde an einem warmen Ort gehen lassen.
  5. Zu einem Laib formen, mit Honigwasser bestreichen (optional) und auf einem Backblech platzieren.
  6. Weitere 30 Minuten gehen lassen.
  7. Bei 180 °C ca. 40–45 Minuten backen, bis die Kruste goldbraun ist.
Optional mit zusätzlichem Honig bestreichen, solange der Kuchen noch warm ist.

Solche Brote wurden zu besonderen Anlässen wie Weihnachten oder Ostern gebacken – ein "normales" Brot war einfach, süße Zutaten und Gewürze waren Zeichen des Wohlstands.

Quellen: 
 1. "Libro de Arte Coquinaria" (15. Jahrhundert) von Maestro Martino da Como
  • Einer der ersten bekannten italienischen Kochbuchautoren.
  • Rezept für „panis de fructis“ oder süßes Brot mit Rosinen und Gewürzen – sehr ähnlich einem mittelalterlichen Vorläufer des Panettone.
  • Martino war Koch am Hof der Sforza in Mailand – also im Umfeld, in dem später die Legende des Panettone entstand.
📌 Zugang: Übersetzung von Luigi Ballerini (z. B. in „The Art of Cooking – The First Modern Cookery Book“)

2. "Libro della cucina del secolo XIV" (14. Jh.)
  • Sammlung toskanischer Rezepte, enthält Hinweise auf süße Brote und Kuchen zu religiösen Anlässen.
  • Spricht von Broten mit Honig, Mandeln und getrocknetem Obst.[

  

 

von rici14712

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luthiandis antwortete auf Unser Adventskalender 2025

Posted 1 Woche 5 Tage her #14164
Samstag - Nikolaustag

 

Eine Kreuzfahrt nach Schweden - also alle ran an die Ruder... 

Neben dem Tomten – jener Mischung aus Wichtel, Hausgeist und Weihnachtsmann, der in Schweden die Geschenke bringt – wird in der Adventszeit auch das Luciafest begangen, ein Fest, das eine ganz eigene Atmosphäre besitzt. Dieses möchten wir im Folgenden näher beleuchten.

Das Luciafest am 13. Dezember gilt als eines der stimmungsvollsten und symbolträchtigsten Feste der schwedischen Vorweihnachtszeit. Sein Ursprung liegt bei der heiligen Lucia von Syrakus, einer christlichen Märtyrerin aus dem 4. Jahrhundert, deren Name auf lux, das lateinische Wort für Licht, zurückgeht. In Schweden fiel dieser Tag nach dem julianischen Kalender in die längste und dunkelste Nacht des Jahres – eine Zeit, in der Licht und Schutz eine besondere Bedeutung erhielten. Die Menschen glaubten, dass in dieser Nacht böse Geister, Dämonen und unheimliche Kräfte besonders aktiv seien, weshalb Lichter, Kerzen und Schutzrituale eine wichtige Rolle spielten.

Im skandinavischen Mittelalter war die Lucia-Nacht eng mit Aberglauben verknüpft. Man erzählte sich, dass Trolle, Dämonen und die sogenannten „Lusse-Teufel“ umherstreiften und den Menschen schaden konnten. Tiere sollten für kurze Zeit die Fähigkeit besitzen, zu sprechen und es hieß, dass dunkle Gestalten über die Höfe ziehen würden. Bestimmte Arbeiten galten als gefährlich: Spinnen, Weben oder nächtliches Backen waren tabu, da sie nach Vorstellung der Menschen böse Mächte anlocken konnten. In manchen Regionen erschien Lucia in diesen Geschichten nicht als - wie heute berühmte - helle Lichtgestalt, sondern als strenge, fast unheimliche Wächterin, die Ordnung und Gehorsam einforderte - ähnlich der Göttin Holle. Über Jahrhunderte vermischten sich diese volkstümlichen Elemente mit der christlichen Verehrung der Heiligen, sodass sich allmählich ein typisch skandinavisches Lichtfest entwickelte, das in der dunklen Jahreszeit Hoffnung, Wärme und Gemeinschaft bringen sollte.

Im Mittelpunkt des heutigen Luciafestes steht die feierliche Lucia-Prozession, die in Schulen, Kirchen, Pflegeheimen, Kindergärten, Betrieben und öffentlichen Räumen im ganzen Land stattfindet. Die ausgewählte Lucia trägt ein langes weißes Kleid, darüber einen roten Gürtel und auf dem Kopf den charakteristischen Kerzenkranz, der aus echten Kerzen oder – aus Sicherheitsgründen und neumodisch – aus elektrischen Lichtern besteht. Dieser Kranz symbolisiert das Licht, das die Finsternis vertreibt. Lucia wird begleitet von den Tärnor, den Lichtjungfrauen, die ebenfalls weiße Gewänder und Kerzen tragen. Hinzu kommen die Stjärngossar, die Sternenjungen, mit ihren spitzen weißen Hüten und den goldenen Sternstäben, sowie – je nach Gegend – kleine Wichtel oder Kinder in traditionellen Trachten. In abgedunkelten Räumen ziehen sie singend ein und das bekannte Lied „Sankta Lucia“ erfüllt die festliche Stille. Viele Familien pflegen zudem die Tradition, dass am frühen Morgen eine „Haus-Lucia“ – meist eines der Kinder – mit Kerzen und Gebäck die Familie weckt.

Zum Luciafest gehören auch typische Speisen, die man in nahezu jedem schwedischen Haushalt findet. Besonders bekannt sind die Lussekatter, die goldgelben Safran-Hefegebäcke in geschwungener S-Form, deren intensive Farbe das Licht der Lucia symbolisiert. Ergänzt werden sie von Pepparkakor, den traditionellen schwedischen Pfefferkuchen, zu denen der Volksglaube sagt, man dürfe sich etwas wünschen, wenn man sie mit einem einzigen Druck bricht. Als Getränk wird häufig Glögg gereicht, ein würziger, heißer Glühwein, der oft mit Mandeln und Rosinen verfeinert wird und Wärme in die kalte Winterzeit bringt.

Dieses Zusammenspiel aus Lichtern, Gesängen und typischem Gebäck macht das Luciafest zu einem der stimmungsvollsten Winterbräuche Schwedens.
 
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rici14712 antwortete auf Unser Adventskalender 2025

Posted 1 Woche 4 Tage her #14166

luthiandis  schrieb: Sonntag - 2. Advent

 



Pepparkakor

Pepparkakor, die heute aus der schwedischen Weihnachtszeit nicht wegzudenken sind, haben ihre Wurzeln im europäischen Mittelalter. Ursprünglich handelte es sich nicht um das heutige dünne, knusprige Gebäck, sondern um ein gewürzreiches, dunkles Honig- oder Sirupbrot, das wegen seiner teuren Zutaten als Luxus galt. Die Gewürze – Ingwer, Nelken, Kardamom, Zimt und gelegentlich Pfeffer – gelangten über Hanse und Gewürzhandel nach Skandinavien. Um 1300 werden „pepparkakor“ erstmals in schwedischen Klöstern erwähnt, wo sie als heilkräftig galten. Man glaubte, sie könnten die Verdauung fördern, die Stimmung heben und sogar „Melancholie vertreiben“ (ähnlich den Hildegard von Bingen - Keksen). 
 Im 15. Jahrhundert wurden Pepparkakor langsam zu einem Festgebäck der Oberschicht, und ab dem 17. Jahrhundert verbreiteten sie sich zunehmend in Haushalten aller Stände. Das typische Ausrollen und Ausstechen zu Tier- oder Herzformen ist jedoch eine viel spätere Entwicklung; die frühen Pepparkakor waren kompakter und eher brotartig.

Nun wollen wir euch auch noch ein Rezept dazu liefern - wer Lust hat, kann diese gerne ausprobieren. 

Historisches Rezept (spätmittelalterlich / frühneuzeitlich rekonstruiert)
Die folgende Version basiert auf Quellen aus dem Nordiska Museet, älteren Rezeptsammlungen und Forschungsarbeiten zu nordischen Kloster- und Hofküchen.

Zutaten
  • 250 g Honig oder Sirup
  • 150 g Butter oder Schmalz
  • 150 g Roggenmehl (alternativ Weizen, wenn verfügbar)
  • 1–2 TL gemahlener Ingwer
  • 1 TL gemahlene Nelken
  • 1 TL Zimt
  • ½ TL Kardamom
  • (Optional, historisch): eine Prise schwarzer Pfeffer
  • (Später, frühneuzeitlich): etwas Pottasche oder Hirschhornsalz als Triebmittel
Zubereitung
Der Honig wird vorsichtig erhitzt, bis er flüssig ist, und anschließend mit Butter vermischt. Danach werden die Gewürze untergerührt – im Mittelalter war dies der teuerste Teil des Rezeptes und verlieh dem Gebäck seinen besonderen Status. Das Mehl wird nach und nach zugegeben, bis ein fester, leicht klebriger Teig entsteht. Im Gegensatz zu modernen Rezepten musste der Teig im späten Mittelalter mehrere Stunden bis hin zu einem Tag ruhen, damit er fester und formbar wird.
Anschließend formte man kleine flache Laibchen oder runde Plätzchen, da Ausstechformen erst viel später üblich wurden. Diese wurden auf heißen Steinplatten oder in einfachen Backöfen gebacken, bis sie hart und haltbar waren. Genau das war ursprünglich ihr Zweck: haltbares, gewürzreiches Gebäck, das sich über Wochen hielt – ideal für lange Winter.

Hier noch eine modernere Variante für die Zubereitung im Backofen (aus Schweden)

🍴 Zutaten für traditionelle Pepparkakor (ca. 50–60 Stück)
  • 200 g Butter oder Margarine
  • 2 dl Zucker (entspricht 170g)
  • 1 dl Sirup (z. B. Zuckerrübensirup oder Honig ( etwa 140g)
  • 1 TL gemahlener Zimt
  • 1 TL gemahlener Ingwer
  • 1 TL gemahlene Nelken
  • ½ TL gemahlener Kardamom
  • 1 TL Natron
  • 5 dl Weizenmehl (etwa 300g)
🥣 Zubereitung
  1. Butter, Zucker und Sirup in einem Topf erwärmen und glatt rühren, dann abkühlen lassen.
  2. Alle Gewürze und das Natron mischen, Mehl hinzufügen und zu einem festen Teig kneten.
  3. Den Teig mindestens 1 Stunde kühl stellen, besser über Nacht.
  4. Teig dünn ausrollen und mit Ausstechformen Kekse ausstechen.
  5. Bei 200 °C ca. 5–7 Minuten backen, bis die Kekse goldbraun sind.
  6. Auf einem Gitter auskühlen lassen.
Historische Quellen 
  • Nordiska Museet, Stockholm: Archivmaterial zu schwedischen Kloster- und Hofküchen; Dokumente über „pepparkakor“ ab dem 14. Jahrhundert.
  • Richard Tellström – Hunger och törst: Svensk matkultur: Zur Verbreitung von Gewürzen und frühen Weihnachtsgebäcken.
  • Håkan Liby – Mat och dryck i medeltidens Sverige: Hinweise zu Honig- und Gewürzbroten.
  • Gunilla Linde Bjur – Pepparkakans historia (Artikel aus dem Svensk Form-Archiv).

von rici14712

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luthiandis antwortete auf Unser Adventskalender 2025

Posted 5 Tage 10 Stunden her #14172
Samstag
  Historische Weihnachtsbräuche im mittelalterlichen Nowgorod - dem Zentrum der Rus

 

Künstler Unbekannt, 1350, Petershof in Nowgorod

Die Region Nowgorod, eines der ältesten Macht- und Kulturzentren der Rus, entwickelte im Mittelalter eine einzigartige Weihnachtskultur, die christliche Orthodoxie und slawische Volksvorstellungen miteinander verband. Die Weihnachtszeit begann am Heiligen Abend, Sochelnik (6. Januar), an dem bis zum Erscheinen des ersten Sterns gefastet wurde. Das traditionelle Festmahl bestand aus zwölf Speisen, im Mittelpunkt die Kutja, ein süßer Getreidebrei mit Honig und Mohn, der sowohl als Segensspeise als auch als Ahnenopfer galt.
Am Weihnachtsmorgen besuchten die Menschen die Gottesdienste in den zahlreichen Kirchen und Klöstern Nowgorods, schmückten den ikonischen „roten Winkel“ und feierten im Familienkreis. Gleichzeitig leitete Weihnachten die zwölf heiligen Nächte ein – die Sviatki, eine Zeit, in der sich laut Volksglauben die Grenzen zur Geisterwelt öffneten.Dazu gehörten Koljada-Umzüge mit Masken, Segensliedern und Gaben, ebenso wie Wahrsagerituale, besonders unter jungen Frauen. Schlittenfahrten, Dorffeste und rituelle Speisen prägten diese Nächte, in denen vorchristliche Bräuche und christliche Festordnung nebeneinander bestanden. Den Abschluss bildete das Epiphaniasfest (19. Januar) mit der feierlichen Wasserweihe und Tauchritualen, welche Reinigung und Erneuerung symbolisierten.

📘 Glossar
Nowgorod (Weliki Nowgorod)
Eines der ältesten politischen und kulturellen Zentren der Rus; wichtiger Handelsplatz zwischen Ost und West.

Sochelnik
Heiliger Abend am 6. Januar (julianischer Kalender); geprägt von strengem Fasten und dem ersten Stern als Beginn des Festmahls.

Kutja
Süßer Ritualbrei aus Weizen oder Gerste mit Honig und Mohn; Verbindung von Ahnenkult und christlicher Symbolik.

Sviatki
Die zwölf „heiligen Nächte“ zwischen Weihnachten und Epiphanias; Mischung aus Volksmagie, Festen und religiösen Ritualen.

Koljada
Maskierte Umzüge mit Liedern und Segenssprüchen; Bräuche für Glück, Fruchtbarkeit und Schutz im neuen Jahr.

Roter Winkel (Красный угол)
Die häusliche Ikonenecke, Zentrum des spirituellen Lebens im russischen Haushalt

.Wahrsagerituale
Volksmagische Praktiken während der Sviatki, besonders für junge Frauen (z. B. Wachsgießen, Spiegelorakel).

Troika
Dreispänniger Schlitten; traditionelles Transport- und Festfahrzeug.

Epiphanias (Bogojavlenije)
Fest am 19. Januar; im Mittelpunkt steht die feierliche Wasserweihe und das rituelle Eintauchen in das geweihte Eisloch.

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luthiandis antwortete auf Unser Adventskalender 2025

Posted 4 Tage 14 Stunden her #14173
Kutja – das zentrale Festgericht der Sviatki in Nowgorod

Kutja (Кутья) war eines der wichtigsten rituellen Speisen der mittelalterlichen Rus und nahm während der Sviatki – den heiligen zwölf Nächten vom 6. bis 19. Januar – eine zentrale Stellung ein. Besonders in der Region Nowgorod, einem bedeutenden Handels- und Kulturzentrum, verband dieses Gericht christliche Traditionen mit alten slawischen Vorstellungen. Kutja wurde typischerweise aus Weizen oder Gerste, Mohn, Honig und manchmal Kwas, Beeren oder Nüssen zubereitet.
 Die Speise stand symbolisch für Leben, Fruchtbarkeit, Ahnenverbundenheit und Schutz und wurde häufig in einer kleinen Schale für die Verstorbenen in den Ikonenwinkel gestellt. Die Zubereitung folgte einem überlieferten Ritual: Getreide wurde eingeweicht und langsam gekocht, der Mohn zu einer süßen Paste zerstampft und alles mit Honig vermengt. Wohlhabendere Haushalte in Nowgorod ergänzten das Gericht mit Trockenbeeren oder Walnüssen – Zutaten, die über den lokalen Handel gut verfügbar waren.

 Kutja wurde an mehreren Festtagen der Sviatki serviert, insbesondere an Weihnachten (Sochelnik), Neujahr und Theophanie. Archäologische Funde sowie zahlreiche ethnografische und liturgische Quellen belegen seinen Stellenwert als Übergangs-, Opfer- und Schutzgericht. 

 

Kutja – das rituelle Festgericht der Sviatki

(Rezept in historischer, aber zugleich praktisch nachkochbarer Form)

Zutaten (historisch belegt):

200 g Weizenkörner oder Gerste
(In Nowgorod archäologisch häufig nachgewiesen; Weizen war wertvoller, Gerste alltäglicher.)

100 g Mohnsamen
(Symbol für Fülle; oft in Wasser zerquetscht oder mit Honig verrührt.)

3–4 EL Honig
(Zucker war nicht verfügbar – Honig war das wichtigste Süßungsmittel.)

50–100 ml Kwas oder Wasser
(Kwas – fermentiertes Brotgetränk – wurde häufig zum Anfeuchten oder Süßen genutzt.)

Optional historische Zusätze:

getrocknete Beeren (v. a. Preiselbeeren, Heidelbeeren)

Nüsse (Walnüsse wurden gehandelt und waren in Nowgorod erhältlich)

Leinsamen oder Hanfsamen

Zubereitung (traditionell nach slawischem Brauch)
1. Getreide vorbereiten

Die Weizen- oder Gerstenkörner gründlich waschen und über Nacht in Wasser einweichen.
Dies war im Mittelalter üblich, um grobe Körner leichter kochen zu können.

2. Langsam kochen

Am nächsten Tag das Wasser abgießen und das Getreide in frischem Wasser langsam weichkochen.
Es sollte nicht matschig, sondern körnig und glänzend bleiben – das galt als gutes Omen.

3. Mohn zubereiten

Mohnsamen mit heißem Wasser übergießen, stehen lassen und dann zu einer cremigen Paste zerreiben.
Im Mittelalter geschah dies im Stößel oder Mörser.
Die Mohnpaste mit Honig verrühren – dies war die rituell bedeutende „Süßungsmischung“.

4. Alles vermengen

Das gekochte Getreide mit der Mohn-Honig-Mischung mischen.
Wer authentisch bleiben möchte, kann einige Löffel Kwas unterheben, was der Kutja eine leichte Säure und Frische verleiht.

5. Mit Beeren und Nüssen abschließen

Diese Zusätze wurden besonders im reichen Nowgorod gern genommen.
Sie geben der Kutja ein festliches Aroma und galten als Zeichen von Wohlstand und Schutz.

Symbolik des Gerichts

Kutja war nicht einfach ein Lebensmittel, sondern ein Opfer- und Schutzgericht.
Typische Bedeutungen:

Weizen: Leben, Wiedergeburt

Mohn: Fülle, Reichtum, unzählige Segnungen

Honig: göttliche Süße, Gnade

Beeren: Gesundheit und weibliche Kraft

Nüsse: Stärke, Fruchtbarkeit

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